- 07.05.2020

Bitterer Abschied: St. Pauli wird vom FC Bayern vorgeführt


Co-Trainer Andre Trulsen wird vor seinem vorerst letzten Heimspiel verabschiedet. (Foto: Witters)

Dass es Tränen nach diesem Spiel heute vor neun Jahren geben würde, war schon vorprogrammiert. Eine Ära endete am Millerntor: Holger Stanislawski verließ den FC St. Pauli am Saisonende, die TSG 1899 Hoffenheim sollte seine nächste Station werden. Mit ihn ging auch Co-Trainer Andre Trulsen. Zum Abschied gastierte der FC Bayern beim Kiezklub – und es war nicht nur der Abschied des Trainergespanns, sondern auch von der Bundesliga. Und der hatte es in sich.

Emotional geht es schon vor dem Anpfiff her. Zwei Klublegenden verlassen den Kiezklub – Holger Stanislawski und Andre Trulsen stehen vor ihrem letzten Heimspiel. Ab der nächsten Saison ruft eine neue Aufgabe. In Hoffenheim sollen die beiden ein Spitzenteam formen. Doch zunächst steht noch eine Mammutaufgabe beim FC St. Pauli bevor. Der 7. Mai 2011 droht nämlich gleich in mehrfacher Hinsicht zu einem ganz traurigen Datum zu werden: Punktet St. Pauli nicht gegen den Rekordmeister, ist das Abenteuer Bundesliga vermutlich beendet.

Fans halten Transparente für den scheidenden Trainer Holger Stanislawski und seinen Co-Trainer Andre Trulsen hoch. (Foto: Witters)

Bemüht, ihrem scheidenden Chef einen guten Abschied zu bereiten, machen sich die Kiezkicker ans Werk. Wie schon so häufig in dieser Saison zeigt die Mannschaft, dass sie mithalten kann, doch bringt sich dann selbst um den Lohn. Markus Thorandt will den Ball mit der Brust zurück auf Keeper Thomas Kessler spielen. Die Rückgabe ist viel zu kurz, Mario Gomez kommt mit einer Fußspitze an das Leder und spitzelt es vorbei an Kessler ins Tor (10.). Verzweiflung spricht aus den Gesichtern der Spieler, doch noch geben sie sich nicht auf. Echte Torgefahr können die Gastgeber allerdings nicht kreieren. Stattdessen ist es Daniel van Buyten, der nach einer Ecke zum 2:0 für die Bayern einnickt (32.).

Ein letztes Aufbäumen nach der Pause mach Mario Gomez zunichte. Nach schöner Kombination behält er vor Kessler die Nerven (53.) – 0:3, das Spiel ist gelaufen. Es ist tragisch, wie sich der Kiezklub nach dem dritten Tiefschlag präsentiert. Nur zwei Minuten nach dem dritten Treffer erhöht Robben auf 4:0. Bayern ist gnädig und lässt den Ball häufig durch die eigenen Reihen wandern. Erneut braucht es eine Einladung der Hausherren: Kessler vertändelt die Kugel gegen Miroslav Klose, der legt quer. Im ersten Versuch kann der Keeper seinen Fehler noch gegen Gomez ausbügeln, doch Ribéry lauert auf den Abpraller und erhöht auf 5:0 (74.). Versteinert betrachtet Stanislawski das Geschehen von der Bank aus.

Ein kurzes Aufflackern gibt es, als Marcel Eger eine Freistoßflanke von Max Kruse per Kopf verwandelt (78.). Doch trotz des zwischenzeitlichen 1:5 steht der Abstieg natürlich schon längst fest. Arjen Robben, Mario Gomez und Frank Ribery haben in der Schlussphase keine Probleme, mit ihren Treffern noch für eine ganz bittere 1:8-Klatsche am Millerntor zu sorgen. Das Entsetzen ist groß. Mit gesenkten Köpfen schleichen die Profis vom Platz. Es ist die höchste Heimniederlage des Vereins. Sichtlich frustriert tritt Holger Stanislawski nach dem Spiel vor die Reporter: „Ich möchte nichts zu meiner Mannschaft sagen. Das könnte alles Positive der letzten 18 Jahre kaputt machen.“ Die MOPO titelt: Eine Beerdigung erster Klasse!

Der einzige Spieler, der sich nach dem Spiel äußert, ist Marius Ebbers: „Es ist bitter, dass wir Stani so verabschieden. Bayern hat uns die Hucke vollgehauen. Das ist alles sehr, sehr traurig.“ So endet also ein ganz dunkler Tag am Millerntor. Auch Stanis letztes Spiel misslingt, mit einem 1:2 in Mainz verabschiedet sich der Kiezklub aus der Bundesliga. André Schubert übernimmt zur neuen Saison und verpasst den Aufstieg denkbar knapp. Das um vier Tore schlechtere Torverhältnis verhindert den Sprung auf den Relegationsplatz.

Stanislawski und Trulsen müssen in Hoffenheim nach einem halben Jahr den Hut nehmen. Das peinliche Pokal-Aus gegen den Zweitligisten Greuther Fürth bedeutet das frühe Ende. In Köln soll das Duo die Mission Aufstieg vorantreiben. Am Ende reicht es nur für Platz fünf. Nach einem Jahr ist auch in der Domstadt Schluss – und während sich Stanislawski nach dem Aus in Köln zurückzieht, kehrt Trulsen zum Kiezklub zurück. Seit 2018 ist er wieder Co-Trainer beim FC St. Pauli. (mab)

Aufstellung St. Pauli: Thomas Kessler – Markus Thorandt (46. Marius Ebbers), Fabio Morena, Marcel Eger, Florian Lechner – Matthias Lehmann (68. Jan-Philipp Kalla), Dennis Daube, Max Kruse, Charles Takyi (46. Florian Bruns), Fin Bartels – Gerald Asamoah