- 01.03.2023

„Werte des Vereins?“ St. Pauli-Legende Boll legt sich mit Ultras an

Beim einem Heimspiel des FC St. Pauli war in der Südkurve des Millerntorstadions ein Banner mit der Aufschrift „All Carsten are Balschats! ­­Bullen aus Vorstand und Verein! USP“ zu sehen.

Quelle: Facebook/Fabian Boll

Das Spruchband richtete sich gegen Carsten Balschat, der im Amateurvorstand der Kiezkicker als stellvertretender Vorsitzender agiert und von Beruf Polizeibeamter ist. Der ehemalige St. Pauli-Spieler Fabian Boll, der ebenfalls bei der Polizei tätig ist, äußerte sich am Dienstag auf Facebook zu diesem Transparent. „Vielleicht bin ich ja auch einfach nur zu dumm, um das alles zu verstehen, aber: Da liebt und lebt jemand den Verein seit Kindheitstagen, ist seit mehreren Jahren aktiv im Verein als Sportler unterwegs und engagiert sich darüber hinaus seit mehr als 5 Jahren erfolgreich im Amateurvorstand „seines“ Vereins. Mehr Liebe und Engagement geht ja eigentlich nicht“, heißt es in dem Beitrag. Boll führt aus: „Und trotzdem ist dieser Mensch offenbar von Teilen des Vereins unerwünscht, weil er jetzt nochmal was genau gemacht hat? Den Beruf des Polizisten auszuüben? Dann hatte ich wohl offenbar nur Glück, dass ich so viele Jahre „geduldet“ wurde. Und ich dachte tatsächlich, dass ich es zumindest ansatzweise geschafft hätte, Vorurteile in beiden Lagern abzubauen! Aber ist ja nun auch schon wieder etwas her… Wie gesagt, ich komme da einfach nicht mehr mit! Und ich würde doch mal bitten, dass man mich aufklärt! Wie verhält sich das denn noch gleich mit den Werten des Vereins? Dachte alles und jeden über einen Kamm scheren ist scheiße und intolerant? Oder jetzt doch nicht mehr? Wäre doch schön, wenn sich der Verein auch dazu mal äußern würde.“ Zum Abschluss sympathisierte der 43-Jährige mit Balschat: „Lieber Carsten, wer dich wirklich kennt, weiß, wie du tickst und was du für den Verein empfindest. Lass dir das nicht nehmen… von niemandem! Für immer mit Dir!“

Einen Tag später kommentierte Boll seinen Beitrag, nachdem er zahlreiche Nachrichten von Fans erhalten hatte: „An der Diversität sieht man ja schon, dass das Thema mal besprochen werden sollte vereinsintern. Bei aller Kritik an der Mitgliedschaft an einer Polizeigewerkschaft bzw. der Arbeit des dortigen Vorsitzenden… was mich halt stört, ist, dass durch das Transparent erstens eine (sehr sympathische und im Verein mega engagierte) Person vor tausenden Leuten und dem TV regelrecht an die Wand genagelt wird, die sowas vllt gar nicht verarbeiten kann und zweitens dieses dann – selbst wenn CB persönlich krasse Verfehlungen vorzuweisen hätte – dann pauschal auf eine ganze Berufsgruppe ausgeweitet wird. Das Transpi lässt da leider keinen Interpretationsspielraum. Denn es stand ja nicht : CB tritt bitte aus der DPolG, GDP oder was auch immer aus, sondern es wurden eben alle Polizist*innen diskreditiert. Und somit muss ich mich dann selbst ja auch angesprochen fühlen.“ Außerdem betonte der Ex-Kiezkicker, dass er sich vor der Veröffentlichung des Beitrages auch mit den Ultras ausgetauscht hatte. „Aber auch da konnten wir leider keinen Meinungskonsens herstellen. Das Ganze soll von mir auch kein USP-Bashing sein, da ich weiß was die Jungs und Mädels alles leisten. Aber genau deswegen würde ich mir halt irgendwann ne Haltung wünschen, dass eingesehen wird, dass auch Polizistinnen und Polizisten das gleiche für den Verein empfinden können wie der Rest der Fanszene. Und Bullen raus aus der Kurve (wie damals) oder Bullen raus aus Vorstand und Verein heißt leider, dass auch ich mich am Millerntor unerwünscht zu fühlen habe. Und das stimmt mich dann nachdenklich.“