Bei Chemnitz: Ex-Kiezkicker als „Judensau“ beschimpft
Der Chemnitzer FC stürzt immer tiefer ab und muss im Kampf gegen Rechts einen schweren Schlag hinnehmen. Mitten in der Krise um Rassismus-Beschimpfungen, Insolvenzverfahren und sportliche Talfahrt haben Trainer David Bergner und Sportdirektor/Ex-Kiezkicker Thomas Sobotzik beim Fußball-Drittligisten hingeschmissen.
Beide gehen auf eigenen Wunsch, wie der Klub mitteilte, beide hatten von den Anfeindungen der letzten Monate genug. „Das ist jetzt noch nicht der K.o., aber nach vorne sind wird dadurch auch nicht gekommen“ sagte Insolvenzverwalter Klaus Siemon dem SID. Verantwortlich dafür sei die Fanszene, so Siemon, „die es unterlassen hat, Thomas Sobotzik, aber auch David Bergner in geeigneter Weise den Rücken zu stärken, als es notwendig war“. Siemon selbst schloss einen Rücktritt aus, aber der Block gegen Rechts scheint zu bröckeln. Vor allem der Rückzug Sobotziks hat eine Signalwirkung, die den rechtsextremistischen Kreisen im Klub Genugtuung verschaffen könnte.
Beim letzten Auswärtsspiel bei Bayern München II (2:2) wurde der frühere Bundesliga-Profi als „Judensau“ beschimpft. Der gebürtige Pole war rechte Hand von Siemon, der den Klub umstrukturiert und zuletzt immer härter gegen rechtsradikale Tendenzen bei den Ultras durchgriff. Trainer Bergner forderte die Fans zuletzt immer wieder auf, die Mannschaft zu unterstützen, ohne neue Probleme zu schaffen. Mit nur drei Punkten aus sieben Spielen konnte er die Talfahrt auf Tabellenplatz 19 aber nicht stoppen. Neuer Trainer soll Andre Meyer werden. Der 35-Jährige war bis zum 19. August Co-Trainer seines Bruders Daniel Meyer beim Zweitligisten Erzgebirge Aue. Anfang August hatte der einstige Klub von Michael Ballack seinem Kapitän Daniel Frahn wegen vermeintlicher Nähe zur rechtsextremen Szene gekündigt. Auch dafür bekam Sobotzik beim Spiel in München eine böse Quittung. „Daniel Frahn ist wenigstens kein Neger“, riefen ihm Chemnitzer Fans entgegen. Nicht alle nach München mitgereisten Fans wollten die wüsten Beschimpfungen bestätigen. Dennoch leitete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Ermittlungen ein. Der Klub hatte mehrmals betont, dass er sich in der schwierigen Situation mit immer neuen Rassismus-Problemen von Verband und Politik allein gelassen fühle. Auch der DFB sprach von einer schwierigen Lage. „Die Problemstellungen rund um den Chemnitzer FC sind komplex und kaum kurzfristig zu lösen“, hieß es in einer Mitteilung.
Weiterhin droht dem Verein die Abwicklung, oder Liquidation, wie Siemon meinte, sollte das Insolvenzverfahren nicht erfolgreich sein. Immer noch wartet der Klub darauf, dass das Amtsgericht den neuen Vorstand bestellt. Erst dann können eine Mitgliederversammlung anberaumt und neue Gremien eingesetzt werden. Fraglich bleibt aber, ob der Verein überhaupt noch Personen findet, die sich dieser auch persönlich mittlerweile nicht ungefährlichen Aufgabe im Team unter Siemon stellen wollen. „Wir werden einen langen Atem brauchen“, hatte Siemon immer wieder gesagt und recht behalten. Doch zumindest einigen seiner Gefolgsleuten ist der lange Atem nun ausgegangen.